Zusammenfassung der Ansprachen

von Rudolf Steiner, in denen er über die Eurythmie-Beleuchtung gesprochen hat.

Das folgende wurde aus elf Ansprachen zusammengestellt.

Wir haben das Licht- und Farbenelement in das Eurythmische eingeführt. Dasjenige, was an Bewegungen des Menschen und der Menschengruppen auf der Bühne erscheint, geht von der menschlichen Seele, von dem menschlichen Geiste aus. Und dasjenige, was auf der Bühne in dem Bilden der Menschenbewegungen vor sich geht, kann zusammengestimmt werden, indem es sich harmonisch fortsetzt und fortbildet in demjenigen, was nun die Bühne durchflutet als Farben- und Lichteffekte.
Diese Lichteffekte sind auf der einen Seite abgestimmt mit der Gewandung des Eurythmisierenden, und auf der anderen Seite ergeben sie in ihrer Aufeinanderfolge selbst ein aus dem Laute herausgeborenes, musikalisches Element. So daß auch das Beleuchtungselement der Bühne eurythmisch behandelt werden kann.

Gedichte und Musikalisches, die sonst durch Ton und Laut zur Offenbarung kommen, kommen hier durch den bewegten einzelnen Menschen oder bewegte Menschengruppen in dieser sichtbaren eurythmischen Sprache zur Offenbarung. Die Beleuchtung der Bühne haben wir so hergestellt, daß sie im Bühnenbild eine Fortsetzung dessen sind, was in der Eurythmie zur Darstellung kommt.

Die Beleuchtungswirkungen, sowohl die, die im Raume fluten, wie auch das Zusammenstimmen der Beleuchtungen mit der Farbe der Schleier und Gewänder der Eurythmisten, sind ebenfalls im eurythmischen Sinne zu gestalten. So daß man gewissermaßen ein in sich bewegtes oder sich bewegendes Lichtfluten hat, das nun wiederum eine sichtbare Sprache darstellt. Alles auf der Bühne ist eine sichtbare Sprache, auch die Lichtfolgen.

So wie im Musikalischen der Eindruck durch die gleichzeitigen und aufeinanderfolgenden Töne erfaßt wird, so müssen auch die Bewegungen angeschaut werden. In der Aufeinanderfolge der Bewegungsgestaltungen muß das Künstlerische liegen. Da darf man nicht etwa auf die einzelnen Beleuchtungen sehen, sondern auf das Hervorgehen einer Beleuchtung aus einer vorangehenden Bewegung oder auch auf die retardierende Wirkung, welche die Beleuchtung auf die Begleitung der einzelnen Darstellungen ausübt. Der Eurythmie wird die Beleuchtung nicht in naturalistischer Weise einfach hinzugefügt, sondern sie wird aus dem farbig sich auf der Bühne Formenden eurythmisch gestaltet.

Während man beim gewöhnlichen Bühnenbild auf der Szene, wenn Dramatisches, Mimisches dargestellt wird, die Beleuchtungen so wählt, daß sie gewissermaßen sich pointiert anpassen an dasjenige, was nun gerade im Augenblick die Situation ist, sagen wir, irgend eine Szene am Morgen gespielt wird, nimmt man Morgenbeleuchtung und dergleichen. Hier handelt es sich darum, daß nichts Naturalistisches auch in der Beleuchtung liegt, sondern daß auch in die Beleuchtungsaufeinanderfolgen so gestimmt sein müssen wie etwa die Töne in einer musikalischen Melodie. Es kommt auf das Aufeinanderfolgen der Beleuchtungswirkungen an. Und diese Aufeinanderfolge der Beleuchtungswirkung muß wiederum zusammenstimmen mit demjenigen, was man als Bewegungen sieht.

Im Bühnenbild haben wir nicht nur den bewegten Menschen und die bewegten Menschengruppen, sondern auch im Zusammenklang damit die Aufeinaderfolge der Beleuchtungswirkungen, eine Art Eurythmie durch Beleuchtung.

Seit einiger Zeit haben wir versucht, immer vollkommener und vollkommener auch eine Eurythmie in der Aufeinanderfolge der Beleuchtungen, die auf der Bühne auftreten, hineinzubringen, und die dann Fortsetzungen desjenigen sind, was durch den bewegten Menschen oder Menschengruppen geschieht. Daher hat man auch darinnen nicht irgend etwas im trivialen Sinne Bedeutsames zu sehen, sondern etwas Künstlerisches.

Wenn es also auf der Bühne hell wird, während ein Gedicht eurythmisiert und rezitiert wird, so ist dieses Hellwerden nicht aus dem Grunde, weil im Gedicht steht, daß die Sonne zum Beispiel hervorbricht, sondern es ist deshalb, weil in der Sprachbehandlung an dieser Stelle etwas Lichtartiges zutage tritt.

Und so müssen die Lichteffekte bei dieser Beleuchtungseurythmie aufeinander folgen, wie die Töne in der Musik zur Melodie werden.

Zusammengestellt und bearbeitet von © Arnold Johannes Jäger 2004

Aus den Ansprachen zu Eurythmieaufführungen von Rudolf Steiner
Aus dem Buch: Rudolf Steiner, Eurythmie. Die Offenbarung der sprechenden Seele. GA 277.
Kapitel: Beleuchtungs-Eurythmie (ab Seite 577)
Rudolf Steiner-Verlag, Dornach/Schweiz; ISBN-3-7274-2770-1; 1980